Transalpine Run 2019 – Etappe 7

Zieleinlauf Tag 7: Der Lustigste

Vielleicht, weil wir uns jetzt sicher waren, unseren Traum zu erfüllen. Vielleicht waren wir deshalb so gut gelaunt nach dieser extrem harten Etappe. Aber egal warum – so viel gelacht wie beim Zieleinlauf der 7. Etappe haben wir bei keinem anderen. Dabei war uns zwischendurch das Lachen ziemlich vergangen:

Geschlafen habe ich in Scuol gut, die Müdigkeit ist vermutlich ein gutes Schlafmittel. Nach dem Frühstück machten wir uns auf den Weg zum Start. Das taten wir heute – im Gegensatz zu gestern – mit einer großen Portion Gelassenheit. Wir wussten, dass wir 45 Kilometer zu bewältigen hatten. Wir wussten, dass es kalt und nass werden würde. Dementsprechend war ich heute so warm angezogen wie noch nie in dieser Woche. Wir wussten aber auch, was wir in den letzten Tagen schon alles erlebt (und überlebt ;-)) hatten. Außerdem sollte uns eine landschaftlich beeindruckende Strecke erwarten und ich freute mich, den Weg von der Schweiz nach Italien – unser 4. und letztes Land – zu bestreiten.

Die ersten Kilometer waren relativ flach und wir kamen flott voran. Danach ging es stetig bergauf, der Udina Schlucht immer näher. Petra und ich waren beide auf unsere körperlichen Schwachstellen konzentriert, dementsprechend ruhig war es. Mein rechtes Knie und meine linke Wade waren heute die schmerzhaften Punkte. Zwischendurch musste ich immer wieder lachen. Wenn mich mein Physiotherapeut gesehen hätte, hätte er mir sofort konsequentes Geh-Training verschrieben, so verdreht wie das ausgesehen hat 😉
Schon im Vorhinein hatte mir ein Onkel gesagt, dass die bekannte Udina Schlucht eine der spektakulärsten Gegenden ist, die er je gesehen hatte. Und ich kann ihm nicht wiedersprechen: Es begrüßte uns eine unglaubliche Kulisse. Immer wieder mussten wir stehen bleiben und die imposante Schlucht bestaunen.

Transalpine Run 2019 - Etappe 7
Transalpine Run 2019 - Etappe 7
(c) Sportograf

Als wir den beeindruckenden Abschnitt hinter uns ließen, ging es einige Kilometer auf einer Hochebene ständig leicht bergauf.

Transalpine Run 2019 - Etappe 7

Umgeben von schneebedeckten Feldern war es schon wieder egal, wo ich hinstieg – die Schuhe waren ohnehin schon nass. Regenjacke, Kapperl, Handschuhe – ich hatte alles an. Ich wollte wenigstens ein bisschen das Gefühl haben, gut eingepackt zu sein. Auch wenn mir klar war, dass die Nässe und Kälte bald gewinnen würden.

Transalpine Run 2019 - Etappe 7

Es zog sich dahin. Bis auf einige Kühe und ein paar wenige Wanderer sahen wir nicht viel. „Hier wäre es sicher total schön“ trösteten wir uns. Aber diese Mischung aus Schnee, Weitläufigkeit und Einsamkeit hatte auch etwas Beruhigendes. Man konnte seine Gedanken schweifen lassen, abschalten, ja sogar in Trance fallen.

Irgendwann erreichten wir den höchsten Punkt der heutigen Etappe. Und was leuchtete uns von dort entgegen? Der Regenponcho vom Streckenchef. Irgendwo im nirgendwo. Ohne Auto, Straße oder Lift in der Nähe. Bei Regen und Wind läutete er mit seiner Kuhglocke, strahlte und an und sagte uns, wie großartig wir seien.

Nach weiteren 4 Kilometern über teils sehr rutschige Trails erreichten wir endlich die nächste Labestation in Schlinig, bei der uns unsere Mamas überraschten. Ich war schon ein bisschen kraftlos und konnte mein Freude gar nicht so zeigen. Es war alles schon etwas anstrengend. Im Nachhinein kommt mir vor, dass mein Kopf nur mehr auf Minimal-Leistung eingestellt war bzw. die gesamte Konzentration dem Laufen galt, sodass für nicht mehr viel anderes Platz war. Hier stellten Petra und ich auch fest, dass wir bisher wirklich noch sehr wenig miteinander gesprochen hatten.

Im Stehen wurde es gleich so kalt, dass wir bald weiter mussten. Für einige andere war das Rennen hier zu Ende. Sie konnten oder wollten nicht mehr. Ich dachte mir, nach den geschafften 26 km sind es nur mehr 20, die gehen auch noch irgendwie. Mussten sie. „Wenn du hier sagen würdest, dass es vorbei ist, würdest du einen Tritt von mir bekommen“ lautete außerdem die Devise von Petra. Das wollte ich nicht riskieren 😉

Die nächsten 10 Kilometer ging es fast nur bergab, meist auf einer Forststraße. Also konnten wir das Hirn aus- und unseren selbsternannten „Turbo“ einschalten. Wir überholten ein Team nach dem anderen. Dass dabei mein linker Oberschenkel immer noch mehr weh tat, wollte ich nicht beachten. Oder zumindest nicht zu sehr. Zähne zusammenbeißen. Bis Petra vorschlug, etwas zu bremsen, sonst würde das nicht mehr lange gut gehen. Und sie hatte recht. Ein bisschen langsamer ging es schließlich auch. Nach ein paar weiteren Kilometern auf einem asphaltierten Radweg erreichten wir die letzte Labe für heute und das alkoholfreie Bier schmeckte köstlich. Was ich beim TAR noch nicht herausgefunden habe: Welche Connections braucht man, um an der Labe einen Schnaps zu bekommen, so wie ein paar andere? Nachdem mein Oberschenkel mittlerweile sogar ziemlich geschwollen war, hätte ich glatt einen getrunken 🙂

Weiter ging es einen schön angelegten Höhenweg entlang, der länger dauerte, als vermutet. Weil wir aber so gut in der Zeit waren, machten wir es uns jetzt etwas gemütlicher und obwohl oder vielleicht gerade weil alles so weh tat, waren das ein paar der lustigsten Kilometer der gesamten Woche. Die geistige Anspannung war von uns abgefallen und wir mussten so viel lachen, dass ich beinahe nicht mehr stehen konnte.

Transalpine Run - Etappe 7 (Spaß)
Nicht fit, aber fröhlich 😉

Als wir in Prad angekommen sind und vor lauter Lachen den Weg fast verfehlt hätten, mussten sogar ein paar Zuschauer lachen. Es ging über eine Brücke, hinter der eine kleine Lacke war. Ich konnte mir den Sprung hinein nicht verkneifen. Nass waren wir ohnehin schon komplett. Trotz allem genoss ich die letzen Meter und war unglaublich erleichtert, als wir uns hinter der Ziellinie in die Arme fielen. Ein harter Tag lag hinter uns. Gleichzeitig wollte ich nicht daran denken, dass morgen schon der letzte Tag auf uns wartete. Ich wollte an das Ende noch nicht denken.

Transalpine Run 2019 - Etappe 7

Weil wir heute schon in unserem Hotel in Sulden einquartiert waren, entschieden wir uns, den Stress des Hin- und Herfahrens heute nicht auf uns zu nehmen, sondern gemütlich im Hotel zu bleiben.

Im Hotel angekommen ging es uns nach Kräutersauna, Whirlpool und heißer Dusche wieder richtig gut. Zum Glück waren unsere Mamas, Fredl und Richard im selben Hotel untergebracht und gemeinsam ließen wir uns das 5-Gänge-Dinner und ein Gläschen Rotwein so richtig schmecken. Es war schon ein kleines Vorfeiern von dem, was uns morgen erwartete 🙂

Transalpine Run - Etappe 7 (Abendessen)
Ein gemütlicher Abend… 🙂

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